Sonntag, 19. August 2007
Afghanistan - Warum Deutschland bleiben muss
Hallo liebe Leser,

in Zeiten von zunehmenden Anschlägen und Entführungen auf bzw. von Deutschen in Afghanistan, kocht immer wieder die Diskussion auf, ob man den Afghanistan-Einsatz fortführen solle, oder nicht.

Meines Erachtens nach, kann es darauf nur eine Antwort geben: Der Afganistan-Einsatz der Deutschen, egal ob Angehörige der Streitkräfte oder nicht, ist nicht nur eine humanitäre Mission, nein, er dient auch deutschen Interessen und ist damit derzeit absolut alternativlos. Forderungen, etwa von der Linkspartei, nach einem sofortigen Abzug, zeugen von einer realitätsfernen Weltanschauung.

Deutschland ist bereit international Verantwortung zu übernehmen. Das haben zuletzt nicht nur die EU-Ratspräsidentschaft (bzw der G8-Vorsitz der Bundesrepublik), sondern auch die Bestrebung nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat gezeigt. Von daher ist es nur folgerichtig, dass Deutschland sich auch im Ausland engagiert (freilich nicht nur in Afganistan, sondern auch am Horn von Afrika, vor der libanesischen Küste oder auf dem Balkan) und auch engagieren muss. Nur wer international Verantwortung übernimmt und Präsenz zeigt, kann einen dauerhaften politischen Anspruch begründen.
Es wäre nun aber ein vollkommen falsches Signal, wenn sich Deutschland aufgrund der schwierigen Situation zu einem Rückzug entscheiden würde, auch wenn eine Mehrheit der Deutschen dies zur Zeit fordert. Es wäre ein Zeichen der Schwäche, die all den Kritikern recht gibt, die Deutschland nichts zu trauen. Nach dem Motto: Wenn es ernst wird, kneifen die doch sowieso.

Es gibt aber auch andere Grüde, die ein deutsches Engagement sinnvoll werden lassen. So zum Beispiel die langfristige Bekämpfung der Drogenproduktion in Afghanistan, das zu den größten Produzenten von Rauschmitteln in der Welt gehört. Zwar sind die Erfolge - wie auch in allen anderen Bereichen - der internationalen Gemeinschaft eher mäßig, das ändert aber nichts an dem sinnvollen Ziel.

Und so ganz nebenbei dient das Ganze ja auch nicht nur den Interessen der Bundesrepublik, sondern auch der afghanischen Zivilbevölkerung, welche nach Jahrzehnten der Unterdrückung (erst durch die ehemalige Sowjetunion und dann durch die "Gotteskrieger" der Taliban) endlich wieder soetwas wie einen Silberstreif am Horizont ausmachen können. Sie im Stich und damit den fundamentalistischen Kräften zu überlassen wäre ein folgenschwerer politischer Fehler, der wohl den wenigstens "normalen" Afghanen sinnvoll zu erklären wäre.

Nun ist es so, dass die bisherigen Erfolge in beinahe allen Bereichen überaus überschaubar ausgefallen sind. Das liegt zum Einen an der schwierigen Sicherheitssituation, welche die Anwesenheit von westlichen Soldaten auch in Zukunft notwendig machen wird, zum Anderen aber auch in den Fehler der westlichen Mächte bei den Planungen für die Zukunft des Landes. Hier muss es - auch und gerade bei den USA - zu einem Umdenken kommen: Soldaten sind ohne wenn und aber nötig, aber sie können nicht den zivilen Aufbau, mit dem der Afghanistan-Einsatz steht und fällt, vorantreiben. Hier ist es dringend nötig, die Prioritäten neu zu bewerten, ehe die Situation noch schwieriger wird.

Ich bin davon überzeugt, dass in Afghanisten in erster Linie für eine gute Sache gearbeitet wird. Diese und jeder einzelne Afghane ist es wert - ganz unabhängig von deutschen Interessen - dass die begonnene Arbeit fortgesetzt wird. Auf halbem Weg aufzugeben kann und darf keine Alternative sein - auch im Hinblick auf andere Staaten, wie etwa den Irak.

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